Bd. 9,4: Humanistische Ästhetik - Die Künste

Guzzo, Augusto:

 

Ausgewählte Werke in deutscher Übersetzung / Augusto Guzzo. – Biel/ Bienne:

 

Schweizerischer Wissenschafts- und Universitätsverlag

 

NE: Hebeisen, Michael Walter [Hrsg.]: Guzzo, Augusto: [Sammlung]

 

Bd. 8,4: Humanistische Ästhetik – Die Künste/

 

aus dem Italienischen übersetzt und
hrsg. von Michael Walter Hebeisen. – 2024

 

ISBN 978-3-7583-8259-8

 

Titel der Originalausgabe:

L’uomo – L’arte, Torino: Edizioni di „Filosofia“, 1962

Humanistische Ästhetik - Die Künste
Titelei, Inhaltsverzeichnis, Vorwort
Arte - Titel, Vorwort.pdf
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"Wenn sich also auf diese Weise die verschiedenen Kunstformen nicht voneinander trennen lassen, sodass man sie isoliert voneinander in Gedanken fassen könnte, wie es traditionell oftmals tendentiell der Fall ist, so kommt man doch auch wieder nicht umhin, gewahr zu werden und sich bewusst zu machen, dass es für das künstlerische Schaffen niemals indifferent ist, sich in der einen oder anderen Form der Künste spezifisch auszudifferenzieren, auszuprägen, denn jedes Kunstschaffen besteht in der Findung einer Art von Kunstform, die man verfolgt, und die sich nicht abschotten lässt in eine der Kunstgattungen, wie sie von der Kunstgeschichte traditionellerweise unterschieden werden – sodass sie letztlich alle in ihrer Ausprä-gung das gleiche tun, was auch alle anderen tun –, noch lässt sich eine bestimmte, besondere Kunstform bei all ihrer Originalität und Individualität ihres Erfindungs-reichtums absorbieren vom universellen Grundcharakter einer Konzeption von "Kunst", oder noch schlimmer, von einer spezifischen konzeptuellen Vorstellung von Geistesleben und Geistesgeschichte, von Geist schlechthin. So erweist es sich, dass nicht nur die Kunst-Werke unendlich, unerschöpflich sind, sondern auch die Künste, die Kunstformen unabsehbar vielfältig, unglaublich mannigfaltig ausfallen. Grossartige Kunstwerke oder bedeutende Œuvres schlagen Breschen, hinterlassen Spuren und zeichnen Pfade vor, die von anderen Kunstschaffenden begangen werden können, und die doch zugleich die entsprechende Kunstform weiter ausprägen und bleibend prägen".

"Gemäss einer solchen differenzierenden Konzeption vermögen alles Künste, alle Kunstformen oder Kunstgattungen zu besingen oder zu erzählen, und alle prägen sie figurativ, gestalten sie plastisch zu einer Skulptur aus, was sie besingen oder erzählen, und alle verfahren sie architektonisch konstruktiv, wenn sie figurativ, poetisch, musikalisch oder narrativ gestalten. Nichtsdestotrotz erweisen sich das Singen, das Dichten, das Musizieren, das räumliche Gestalten und das formale Prägen als Grundfunktionen des Kunstschaffens aus, sodass man sich ihrer zu widmen und sie besonders aufmerksam zu untersuchen hat, gerade weil so deut-lich gemacht wird, dass sich keine dieser Funktionen so auffassen liesse, als ob sie je eine besondere Kunstform charakteristisch kennzeichnen würde".

Augusto Guzzo: Vorwort zu "L'Uomo - L'Arte"