Bd. 1: Allgemeine Lehre vom menschlichen Geist als einem reinen Denkakt

 erscheint März 2015

Bd. 1: Titelei, Inhaltsverzeichnis, Vorwort
Spirito come atto - Titel, Vorwort.pdf
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Gentile, Giovanni:

Ausgewählte Werke in deutscher Übersetzung / Giovanni Gentile. – Biel/Bienne:

Schweizerischer Wissenschafts- und Universitätsverlag

NE: Hebeisen, Michael Walter [Hrsg.]: Gentile, Giovanni: [Sammlung]

Bd. 1: Allgemeine Lehre vom menschlichen Geist als einem reinen Denkakt /

aus dem Italienischen übersetzt und
hrsg. von Michael Walter Hebeisen. – 2015

ISBN 978-3-7347-6828-6

Titel der Originalausgabe:

Teoria generale dello spirito come atto puro, Opere complete di Giovanni Gentile, Bd. 3. G. C. Sansoni, Firenze, 5. A. 1938 (1. A. 1916).

"Ich habe mir niemals Leser und auch keine Studenten gewünscht, die von mir einen vollends zur Entfaltung gebrachten philosophischen Gedanken erwarteten, die mir gleichsam einen trocken abgelagerten Wissens-strunk abverlangten, oder ein äusserlich abgehärtetes philosophisches Gedankenkorsett. Alles frei betätigte Denken befindet sich immer auf dem Weg, und es gelangt nie zum Abschluss, denn es will lebensecht und lebensnah und nicht leblos und lebensfern ausfallen."

"Auch ausserhalb von Italien ist das Werk fleissig gelesen, studiert und diskutiert worden, sodass eine Bibliographie dessen, was in Amerika und im Orient dazu geschrieben worden ist, aufschlussreich ausfallen müsste und für die italienische Geistesgeschichte ausserhalb von Italien interessant wäre. In Italien hat meine „Grundlehre“ jedenfalls reichlich Kritik erfahren und erbitterte polemische Auseinandersetzungen hervorgerufen, denen ich mich aber bewusst entzog, dies auf die Gefahr hin, als ein schlechter Verfechter meiner eigenen Ideen dazustehen. Diese Leitideen aber sind mir in Tat und Wahrheit nie lebendiger erschienen, als wenn sich Andere alle ihre Tatkraft darauf verwenden, sich damit kritisch auseinanderzusetzen. In Anbetracht von soviel Kritik, die tollkühn, wenn nicht starrsinnig und gut gewappnet, wenn auch nicht immer mit geschickter Hand vorgetragen wird, müsste der Aktualismus eigentlich längst in Stücke zerschlagen und zu Grabe getragen worden sein. Aber eine solche Anfeindung lässt meine „Grundlehren“ nicht in Ruhe, und es macht den Anschein, dass der Schatten des Aktualismus noch immer da ist, und dass er den tüchtigen Vorreitern der italienischen Philosophie noch immer voraus ist, um sie fortgesetzt in Frage zu stellen, sie in Unruhe und in Aufruhr zu versetzen. Und da finden sie sich denn wieder, die unglückseligen Don Quichottes, ohne ihren Knappen Sancho Panza, immernoch auf dem Feld von Mancha, das Schwert in der Hand und die Lanze bereit. Und sie rufen einander gegenseitig Mut zu, vereinen sich anlässlich von Kongressen zu Gemeinschaften, die weissen Verfechter, die schwarzen Bekämpfer und die melierten Unentschlossenen, mitsamt ihren verschiedenen Sprachregelungen, mit all ihren unterschiedlichen Interessenrichtungen; und es wird eine neu-alte abgenutzte Diplomatie auf den Plan gerufen, um immerhin einen modus vivendi zu vereinbaren, der es den Atheisten erlauben soll, Arm in Arm mit den Gläubigen und Frommen einher zu gehen, um defensive Bündnisse zu paktieren oder offensive Allianzen zu schmieden, Kompromisse, bei denen die Philosophie nur bis zu einem gewissen Punkt Eingang findet, wenn man es wahrheitsgetreu zu beurteilen wagt. Die Ausdauer, die alle an den Tag legen, ist unerhört, und das abgegriffene Papier, das dazu verwendet wird, alle anti-idealistischen Tüfteleien zum Druck zu legen, nimmt sich unglaublich aus. Ich muss bei all diesem Treiben lachen, denn dieses Spektakel würde mich zu Tränen rühren, wenn ich nicht nicht darum wüsste, dass alles das letztlich nur ein Beweis der eigentlichen Leidenschaftlichkeit der Philosophen darstellt. Aber wozu? Viel Aufhebens um nichts! Denn die wahre Kultur des philosophischen Geistes lebt anderswo und eben gerade nicht in diesem Treiben. Die jungen Italiener aber scheinen mir viel gedankenvoller und ernsthafter zu sein, als man es sich überhaupt vorstellen kann. Und in diese jungen Leute setze ich mein ganzes Vertrauen. Ihretwegen komme ich denn auf dieses Werk zurück, das für die studentische Jugend erdacht worden ist, und ich lasse es also mit aller Sorgfalt neu drucken."

Giovanni Gentile